Vor allem komplexe Ermittlungsverfahren können sich zu langwierigen Eskapaden entwickeln. Dabei kumulieren etliche Unterlagen und Dokumente zu einem Ermittlungsakt, welche bei mehreren Verdächtigten einem großen Kreis an Personen zur Verfügung gestellt werden (man denke an Personen in der Justiz, die Verteidiger und ihre Mitarbeiter, Sachverständige usw.). Beinhalten diese Unterlagen und Dokumente nun sensible Daten, wie Geschäftsinformationen oder schädigende Berichterstattungen, ist die Interessenverletzung der Verdächtigten umso gravierender, wenn die Anklage ausbleibt. Es stellt sich nun die Frage, ob unbeachtliche Aktenteile aus dem Ermittlungsakt entfernt werden können oder müssen, um ungerechtfertigte Blicke in die Privatsphäre hintanzuhalten.
Die Dokumentationsbefugnis der Staatsanwaltschaft wird gemäß § 1 Abs 1 1 S StPO durch die gesetzlich normierten Zwecke eingeschränkt. Sie hat für die Entscheidung über das Einbringen der Anklage notwendigen Ermittlungen zu sorgen, daher sind lediglich solche Informationen und Ergebnisse relevant, die zur Klärung, ob das Verhalten einer bestimmten Person eine rechtliche Kategorie, des Kriminalstrafrechts begründet.[1]
Daher ist festzuhalten, dass Ermittlungsakten nicht faktisch, sondern rechtlich determiniert sind.[2] Eine aktenmäßige Dokumentation ist somit nur für jene Ermittlungsergebnisse zulässig, die Informationen zu erheblichen Tatsachen enthalten. Informationen, deren Erheblichkeit für das angesprochene Thema auch als Kontrollbeweis nicht erkennbar ist, sind vom Verfahrensgegenstand nicht umfasst. Sie dürfen weder ermittelt noch zu den Akten genommen oder dort belassen werden. Für solche (nicht erforderlichen) Aktenbestände ist somit auch keine gesetzliche Erlaubnis zur Verarbeitung personenbezogener Daten gegeben, da sich § 74 Abs 1 StPO lediglich auf erforderliche Daten bezieht.[3]
[1] OGH 13.10.2020, 11 OS 56/20z
[2] Ratz, ÖJZ 2020/103, 865; RS0133323
[3] OGH 13.10.2020, 11 Os 56/20z